Die Umsetzung eines Mythos vom Format des HERR DER RINGE als Film ist eine Herausforderung, wie es sie in der Geschichte des Kinos noch nie gab. Wenn eine Romanvorlage als Drehbuch adaptiert wird, lassen sich Änderungen zwangsläufig nicht verhindern. Die Vorlage muss an das Medium Film angepasst werden und der Film lebt von der Bildsprache. Lange Monologe im Roman, Gedankengänge oder Beschreibungen müssen für den Film in lebendige Aktionen umgesetzt werden. Kaum ein Kinogänger achtet ausschließlich auf die Sprache. Zudem ist es schwer, den Ausführungen eines Kinohelden zu folgen, wenn die Bilder thematisch nicht passen. Eine Eins-zu-eins Umsetzung des Romans hätte zwangsläufig einen zähflüssigen und langweiligen Film zur Folge gehabt. Und wer erinnert sich nicht an die schwerfälligen Literaturverfilmungen aus dem Deutschunterricht, denen genau dieser Fehler unterlaufen ist.
Ein weiterer Aspekt, der die filmische Umsetzung kompliziert, ist die Tatsache, dass der wahre Bösewicht des Films nur ein kleiner goldener Ring ist. Kein feuerspeiender Drache, kein Kampf-Cyborg und kein weißer Hai, sondern nur ein kleiner Gegenstand. "Das Böse existiert auf einer psychischen Ebene", erklärte Peter Jackson einmal in einem Interview, "Und in Kinofilmen ist es sehr kompliziert, psychologische Aspekte umzusetzen, da sie nicht fassbar sind." Er vermittle die psychologische Seite, indem er die Gesichter und Augen der Personen zeige, die auf den Ring treffen. "Es ist eine Herausforderung, jede Begegnung mit dem Ring anders zu gestalten. Einige Charaktere verfallen dem Ring etwas schneller als andere. Die Musik ist hier ein sehr wichtiger Faktor."
Eine Szene, in der Boromir über den Ring spricht und seine verräterische Absicht immer mehr offenbart, wirkt auf der Leinwand unbestreitbar um einiges besser, wenn Boromir bei seinen Worten auch Hass erfüllt auf den Ring blickt. Erst in diesem Augenblick wird dem Zuschauer die Verbindung klar. Die Szene wirkt intensiver, die Absicht wird gebührend vermittelt. Um also dem Kinozuschauer das gleiche Gefühl zu geben, wie es der Leser des Romans hatte, müssen die Szenen geändert werden.
Schon Professor Tolkien hatte zu Lebzeiten nichts gegen Änderungen in einem Film einzuwenden, so lange sie sinnvoll waren. In seinem Brief an Forrest J. Ackerman über eine mögliche Verfilmung schrieb er:
"... Ich wäre sogar von mir aus geneigt, [die Helms-Klamm-Szene] ganz zu streichen, wenn sie nicht kohärenter und zu einem bedeutsameren Teil der Geschichte gemacht werden kann... Wenn die Ents und die Hornburg nicht beide ausführlich genug behandelt werden können, dass es Sinn ergibt, dann muss eines von beidem verschwinden. Das sollte die Hornburg sein, die für die Handlung nebensächlich ist."
Etwas weiter schreibt er dann, dass die Streichung dieser Szene auch den Vorteil hätte, dass die anderen Schlachten besser zur Geltung kommen.
Als Fran Walsh, Philippa Boyens und Peter Jackson das Drehbuch für die Filmtrilogie schrieben und damit den Handlungsstrang entwarfen, lag es an ihnen, Szenen zu kürzen oder ganz wegzulassen. Da sie alle drei fanatische Tolkien-Fans sind, fiel es ihnen zweifelsohne schwer. Sie führten lange Diskussion darüber, was den Geist Mittelerdes ausmache und verbrachten ganze Nächte mit der Selektion. Peter Jackson zeichnete sich bei den Gesprächen dadurch aus, dass er nicht nur den HERRN DER RINGE und das SILMARILLION, sondern auch die gesamte HISTORY OF MIDDLE-EARTH (das sind 12 Bände á 1000 Seiten) nahezu auswendig kannte.
Schon in einem der ersten Interviews 1998 kündigte Peter Jackson an, dass man am Anfang die Handlung etwas straffen müsse. Man müsse einige der Originalszenen opfern, um die Charaktere einzuführen, denn im Gegensatz zum Roman, wo man die Personen erst während der Handlung kennen lernt, müssten sie im Film in der ersten halben Stunde vorgestellt werden. Ihre Beziehung zueinander müsste deutlich werden, der Zuschauer soll sich mit ihnen identifizieren können. Aus diesem Grund wird beispielsweise auch die Freundschaft zwischen den Hobbits Merry und Pippin schon zu Beginn des Films deutlich hervorgehoben.